Jeder hat sie und sie sind so selbstverständlich, dass man sie nicht einmal bemerkt. Meine habe ich bemerkt, als mich das Leben herausgefordert hat. Mutter von zwei kleinen Jungs im Abstand von 1,5 Jahren zu sein ist die größte Herausforderung meines Lebens und hat mich immer wieder gegen meine persönlichen Schranken im Kopf rennen lassen. Immer wieder - bis ich beschlossen habe eine zu öffnen. Seit dem öffnet sich eine nach der anderen und das ist beglückend, aufregend, aufwühlend und mitunter anstrengend.
Meine Mutter ist eine wunderbare Frau. Sie hat vier Kinder geboren und all ihre Energie darauf verwendet uns liebevoll aufzuziehen. Das hat sie in meiner Wahrnehmung als ihre Tochter so gut gemacht, dass es für mich gar keine andere Möglichkeit gab, als ebenfalls so eine Mutter zu werden. Jede andere Art von Mama ging über meinen Horizont soweit hinaus, dass ich mich selbst als völlige Versagerin empfunden habe. Ich habe mich vor ihr geschämt, aber vor allem vor mir selbst. Für meine negativen Gefühle den Kindern gegenüber, für das Gefühl des Ausgebremst-Seins durch die Kinder, für meine Überforderung, etc., für all diese Dinge über die niemand spricht.
Im Großen und Ganzen bin ich mit gutem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ausgestattet und hatte nie besondere Komplexe, dafür nun diesen mich überwältigenden "Mutterkomplex". Irgendwann kam der Punkt, an dem wir beschlossen haben, dass andere Lösungen gefunden werden müssen und haben zunächst - mit sehr schlechtem Gewissen - unseren jüngeren Sohn viel früher als geplant in der Kinderkrippe angemeldet. Mit 15 Monaten wurde er eingewöhnt und er hat sich dort bald sehr wohlgefühlt. Zusätzlich haben wir eine WG gegründet, unsere Mitbewohnerin hat uns hin und wieder mit den Kindern geholfen, aber vor allem die Situation zuhause - nur durch ihre Anwesenheit - entstresst. Die besten Entscheidungen überhaupt! So gut, dass es völlig egal war, was irgendjemand anderer darüber denkt. Die Schranke, die mein Bild von einer guten Mutter begrenzt hat, war durchbrochen und weitere haben sich nach und nach geöffnet. Ich habe mich von alten, tiefsitzenden Ideen verabschiedet und Platz gemacht für neue. Ich habe Dinge ausprobiert, kennengelernt und manchmal auch wieder gehen lassen. Mit meiner Mutterrolle habe ich Frieden geschlossen und seitdem entdecke ich ungeahnte mütterliche Qualitäten in mir. Seit ich bewusst versuche mich nicht einem Rollenbild zu ergeben, fühle ich mich trotz anhaltenden Herausforderungen, Rückschlägen, größeren und kleineren Katastrophen nicht mehr gänzlich ungenügend als Mutter.
Und jetzt bin ich hier. Eine berufstätige Mutter, die ihren Job, den sie mit viel Mühe bekommen hat, aufgibt, um Zeit für die Familie zu haben, die ihre Ernährung und Gewohnheiten komplett verändert hat, offen für vieles, was sie noch vor einem Jahr rigoros abgelehnt hätte, bereit, alles hinter ihr zu lassen und unkonventionelle Wege zu gehen, gespannt darauf, welche Schranken im Kopf sich als nächstes öffnen werden!
Was sind eure Herausforderungen? Welche Schranken haben sich in euren Köpfen schon geöffnet? Seid ihr bereit neue Wege einzuschlagen?